Welche Folgen hat die Trennung für dein Kind

OK, wovon reden wir? Erstmal ein paar Zahlen zu Trennungen:

2017 wurden in Deutschland, Österreich und der Schweiz 185.586 Ehen geschieden. Etwa die Hälfte der Paare hatte minderjährige Kinder. Über 90 % der Trennungskinder leben anschließend bei der Mutter und jedes dritte Kind verliert sogar den Kontakt zum Vater.

Das sind nur in Deutschland rund

  • 877.500 Jungen zwischen 0 und 15 Jahre, die ohne anwesenden Vater aufwachsen.
  • 292.500 in der Altersgruppe verlieren komplett den Kontakt zum Vater. (Quelle: Statista 2018)

Die so wichtige “Beziehung Vater Sohn” hört oft auf zu existieren.

Zunächst sind das nur Zahlen, doch es steckt viel mehr dahinter. 

  • Die Entscheidung: “Die Eltern trennen sich”, erzeugt bei Kindern Ängste und Sorgen.
  • Wie erleben Kids die Scheidung der Eltern und wie die fehlende räumliche Nähe zum Vater?
  • Speziell für Jungen hat der Kontaktverlust zum Vater oft dramatische Auswirkungen.  
  • Wie sieht die Vater und Sohn Beziehung dann nach der Trennung aus…
  • …und was können Väter / Mütter tun? 
  • Wie können Kinder die Trennung der Eltern verarbeiten?

 Diese und andere Fragen wollen wir hier in dem Artikel beleuchten.

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    Wenn Jungen den Vater verlieren

    In meiner Praxis erlebe ich immer wieder verunsicherte alleinerziehende Mütter die zweifeln, ob sie ihren Söhnen, besonders im Teenageralter, gerecht werden können.

     “Es fehlt der Mann im Haus”, bekomme ich oft zu hören. Doch selbst wenn ein anderer Mann ins Leben der Mutter tritt, bedeutet das noch lange nicht, dass alles Friede, Freude, Eierkuchen ist. Im Gegenteil, es kommt zu neuen Herausforderungen für den Sohn: Eifersucht, Angst, Konkurrenzdenken und vielen Fragezeichen auf allen Seiten. 

    Findet die Trennung der Eltern im Kleinkindalter statt, geht es im Coaching oft darum, wie Eltern vermeiden können, dass ihre Kinder leiden und sich in eine falsche Richtung entwickeln könnten.

    Oft sind es auch “Teilzeit-Väter”, die ihre Kinder nur an den Wochenenden sehen und lernen müssen, mit Themen wie Einsamkeit, Verlustangst und oft auch Eifersucht und Konkurrenzdenken (dem neuen Partner/ potentiellen Stiefvater gegenüber) umzugehen.

    Natürlich kommen auch betroffene Jungen in die Praxis, die mit der Trennung der Eltern zu kämpfen haben, und/ oder in einem Loyalitätskonflikt zwischen Vater und Mutter stecken.

    Sie wollen einerseits die Gefühle der Mutter nicht verletzen bei der sie leben, die sie umsorgt, andererseits vermissen sie aber auch möglicherweise sehr stark ihren Vater und sehnen sich nach mehr Kontakt zwischen Vater und Sohn. Der Tanz auf zwei Hochzeiten.

    Den Eltern fehlt nach der Trennung oft der Respekt voreinander und sie verbergen das auch nicht vor den Kindern. Die Partner sind nur noch “EX-Frau” und “EX-Mann” oder einfach nur der oder die “EX”. 

    Aber ACHTUNG: Es gibt aber keine “EX-Kinder”, “EX-Söhne” oder “EX-Töchter”. Man kann auch nicht zu “EX-Eltern” werden. Eltern bleibt man ein Leben lang. Das bedeutet dann aber auch, VERANTWORTUNG zu übernehmen. 

    Klar, es gibt (zum Glück) auch viele Fälle, wo eine Scheidung für die Kinder glimpflich über die Bühne geht, aber für viele Kids ist eine Trennung der Eltern eine hohe Belastung mit großen Herausforderungen.

    Dein Kind leidet unter deiner Trennung?

    Ob sich bei einem Kind durch die Trennung der Eltern ein seelisches Problem entwickelt, hängt von vielen Faktoren ab: 

    • Alter des Kindes,
    • Entwicklungsstand des Kindes,
    • seelischen Grundverfassung,
    • wie kann es mit Ängsten umgehen und
    • wie flexibel kann es sich an veränderte Lebensumstände anpassen. 

    Auch die Qualität der Beziehungen zu beiden Elternteilen vor und nach der Trennung / Scheidung spielt eine große Rolle: 

    War der Vater beispielsweise aufgrund von beruflichem Dauerstress ständig abwesend, wird die Trennung für´s Kind weniger schmerzhaft sein, als wenn er von Anfang an die Hauptbezugsperson als Hausmann war.

    Dann ist es wichtig, wie verarbeiten die Eltern selbst die Trennung und ob sie in der Erziehung auch nach der Trennung/ Scheidung zusammenhalten. 

    Außerdem wirkt sich die soziale und wirtschaftliche Situation der „Restfamilie“ auf das Kind aus. 

    Gibt es einen unterstützenden Freundes- oder Familienkreis? Kommen finanzielle Sorgen hinzu? 

    Muss das (Eltern-) Haus verkauft und das Geld “geteilt” werden? 

    Sehr wichtig ist die seelische Verfassung des alleinerziehenden Elternteils.

    Blüht die Mutter auf, nachdem der gewalttätige Ehemann ausgezogen ist, geht es dem Kind natürlich wesentlich besser, als wenn sie depressiv wird, weil der Mann sie für eine andere Frau verlassen hat und sie sich betrogen und einsam fühlt. 

    Das sind natürlich gängige Klischees, klar. Es gibt auch Fälle, in denen es sich genau umgekehrt verhält und positiv auf das Kind auswirkt, wenn die Mutter weniger präsent ist.

    Wenn es dann heißt: “Wir trennen uns”

    Kinder können grundsätzlich extrem unter Konflikten leiden – vor, während und nach einer Trennung oder Scheidung.

    Bis es heißt: “Die Eltern trennen sich”, vergeht es meistens eine ganze Weile, Monate oder sogar Jahre. Eine Zeit, die meist von einer sehr belastenden Atmosphäre für alle Familienmitglieder geprägt ist. Die Eltern streiten häufig, es gibt Tränen, Vorwürfe, Wut, Aggression, Frustration und die Kinder sind oft mittendrin, als ungewollte Zeugen der Auseinandersetzungen. (Artikel: Wut und Aggression bei Jungen)

    Die Eltern sind so mit sich selbst, ihrer ungewissen Zukunft und Enttäuschung beschäftigt, dass sie die Kinder und Jugendlichen dabei häufig vernachlässigen. Das führt wiederum zu einer Doppelbelastung der Kinder: sie leiden unter der Situation und fühlen sich gleichzeitig damit alleingelassen. Eine Rolle, der sie nicht gewachsen sind und die sie gnadenlos überfordert.

    Nicht selten werden die Trennungskinder von den Eltern noch zur Festigung von Machtpositionen benützt und zum Spielball im Streit zwischen Vater und Mutter gemacht, der häufig vor Gericht fortgesetzt wird. Dass in solchen Fällen das Kind aus dem Takt gerät und “abnormal” reagiert, ist total verständlich und nachvollziehbar.

    Der Selbstwert leidet. Sie fühlen sich nicht mehr stark. (Artikel: Jungen und ihr Selbstwert)

    Wie reagieren Kids nach der Trennung?

    Was für Reaktionen sind möglich? Wie können Kinder die Trennung der Eltern verarbeiten?

    Manche Kinder reagieren mit drastischen Verhaltensauffälligkeiten, um Aufmerksamkeit von wenigstens einem Elternteil zu bekommen.

    Sie nehmen lieber negative Aufmerksamkeit wie Schimpfen oder Bestrafen in Kauf, als gar keine.

    Sie werden beispielsweise jähzornig, stören im Unterricht, (Artikel – “Jungen und Schule) prügeln sich mit anderen, fangen an den Clown zu spielen, werden altklug und verhalten sich möchtegern-erwachsen. –

    Oder genau das Gegenteil: 

    Manche Kinder ziehen sich zurück, reagieren bedrückt, antriebslos oder überangepasst –

    und werden auf diese Art häufig “übersehen”.

    Sie fühlen sich hilflos, ohnmächtig und resignieren.

    Scheidungskindern resignieren häufig, weil sie einerseits mit dem schmerzvollen Trennungsprozess allein gelassen werden und es andererseits in ihren Augen nicht geschafft haben, die Trennung der Eltern zu verhindern.

    Eigentlich müssten sie erst einmal die Trennung der Eltern verarbeiten! Versetzt man sich in eine solche Gefühlswelt, so wird der Schmerz, die Trauer und die Schuldgefühle richtig spürbar und man kann erahnen, wie schlecht es sich anfühlen muss.

    Auch psychosomatische Beschwerden wie Kopf- oder Bauchschmerzen, Übelkeit oder Einnässen können auftreten und ein Hinweis darauf sein, dass das seelische Gleichgewicht des Kindes nicht mehr im Lot ist.

    Ich rate dazu, solche Signale immer Ernst zu nehmen und zu hinterfragen.

    Sie können ein wichtiges Symptom für ein seelisches Problem sein.

    Trennung der Eltern von Teenagern

    Für Teenager, die sich in diesem Alter mehr außerhalb der Familie orientieren, bedeutet die unvollständige Familie etwas beschämendes, mangelhaftes.

    Es ist das Alter, indem die Teenies von anderen Anerkennung bekommen möchten.

    Doch dann zerbricht die Ehe/ Beziehung der Eltern und plötzlich haben sie das Gefühl, selbst nicht gut genug zu sein als Teil einer “gescheiterten Familie”.

    Manche konzentrieren sich dann voll auf den Leistungsbereich und wenn das nicht gelingt, igeln sie sich ein.

    Die Schwierigkeit einer Trennung der Eltern in dieser Altersstufe liegt darin, dass die Jugendlichen in einer stabilen Familienstruktur noch Kind sein dürfen, aber auch gleichzeitig ihre Unabhängigkeit testen, um sich gesund zu entwickeln.

    Fehlt dieses Switchen zwischen Abnabelung und Nestwärme, kann es zu Entwicklungsstörungen kommen.

    Möglich wäre dann zum Beispiel der emotionale Rückzug. Die Teenager ziehen sich komplett zurück, vermeiden Sozialkontakte und alles, was mit Erwachsenwerden zu tun hat. Selbst die “Pubertät” kann hinausgezögert werden.

    Das andere Extrem ist ein pseudoerwachsenes Verhalten und sexuelle Frühreife. Manche versuchen, ihren belasteten Eltern Verantwortung und Entscheidungen abzunehmen, ohne jedoch wirklich reif dafür zu sein.

    Wenn sich die Eltern von Jungen trennen

    Was für Entwicklungsverläufe kann es bei Jungen geben, wenn die Eltern sich trennen?

    Einige Studien deuten darauf hin, dass Jungen stärker und negativer auf die Trennung der Eltern reagieren, als Mädchen. Möglicherweise ist das sogar auch biologisch begründet, denn eine niederländische Studie mit über 1000 Trennungskindern legt den Verdacht nahe, dass bei manchen Jungen ein veränderter Dopaminrezeptor für besonders heftige Reaktionen sorgt.

    Das Fehlen des Vaters im Alltag kann lebenslange Folgen für die Gesundheit und den sozialen Erfolg von Jungs haben, behaupten Psychologen, denn Jungen durchlaufen in den ersten sechs Lebensjahren eine umfangreichere und störanfälligere Persönlichkeitsentwicklung als Mädchen.

    Über zwei Drittel der Trennungskinder wachsen als Einzelkinder mit der Mutter allein auf. Dann fehlen hier nicht nur Geschwister „zur Abfederung der Probleme“, sondern auch „die männliche Identität des Vaters“.

    Wo sollen Jungen, die überwiegend bei der Mutter leben, von Erzieherinnen und Lehrerinnen umgeben sind, ihre männlichen Vorbilder finden? Im TV? In der Musikszene? Im Internet? Alles schwer kontrollierbar, oder?!

    Übernimm diesen Part lieber selbst und bleib dran an einer guten, stabilen Vater und Sohn Beziehung. Sei verlässlich für deinen Sohn, auch oder vor allem, wenn du ihn nicht immer um dich hast.

    Eine Verabredung mit ihm ist eine Verabredung. PUNKT!

    Mach eure gemeinsame Zeit zu etwas besonderem für euch beide, Vater und Sohn.

    Nachholen könnt ihr diese Zeit nie mehr. 

    Manche Väter erleben die besondere Zeit mit ihrem Sohn in meinen Camps als große Bereicherung für die Vater und Sohn Beziehung. Vielleicht wäre eine solche gezielt gewählte “Auszeit unter Männern” auch für dich und deinen Sohn eine Chance, um einander mit anderen Augen zu sehen?

    ANGEBOTE FÜR VATER&SOHN

    Was tun, damit dein Kind weniger leidet?

    Kann man vermeiden, dass das Kind unter der Trennung zu leiden hat?

    Die gute Nachricht vorweg: eine Trennung muss nicht unbedingt negative Auswirkungen auf die Entwicklung des Kindes haben. Voraussetzung dafür ist, dass die Eltern es schaffen, ihre eigenen Bedürfnisse zurückzustellen und sich zum Wohle des Kindes zu verhalten. Doch wie funktioniert das? Wie kriegt man das hin? 

    Anders gesagt, eine Trennung, bei der die Kinder unbeschadet davonkommen, ist durchaus möglich und statistisch gesehen sogar häufiger, als die Scheidung mit negativen Folgen für die Kinder. Es gibt mehr “gute” als “schlechte” Scheidungen: In cirka 85 Prozent aller Fälle gelingt es nämlich den Eltern, die Familie – trotz Auflösung der Partnerschaft – in neuer Form zu erhalten.

    Im Fall einer Trennung befinden sich auch die Eltern in einer Ausnahmesituation und merken oft gar nicht, dass sie ihre eigenen Konflikte auf die Kinder übertragen. In solchen Fällen ist die Erkenntnis, dass hier etwas schief läuft schon der erste Weg zur Besserung. Wer verstanden hat, dass er seine Rolle als Mann oder Frau ganz klar von der als Vater oder Mutter trennen muss, hat schon viel gewonnen!

    Die nächste Stufe in der eigenen, verantwortungsvollen Weiterentwicklung besteht darin, dass man dem Kind den anderen Elternteil lässt als das was er ist: Mutter oder Vater, nichts anderes. Auch wenn du deine Partnerin oder deinen Partner noch so doof findest, für deinen Sohn ist er oder sie Mama oder Papa und damit einer der wichtigsten Menschen im Leben.

    Schlussendlich kostet eine Trennung neben Nerven auch viel Geld, was oft einen großen Streitpunkt darstellt. Dabei würde eine gute Scheidung/ Trennung, besonders wenn Kinder beteiligt sind, vor allem ein praktisches Mitein­ander brauchen: Kommunikation auf Augenhöhe, Kom­­promisse aushandeln und aufeinander zugehen.

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