Jungen und Schule bedeutet häufig Jungen und Probleme. Besonders in der Pubertät. Bald sind in ganz Deutschland und Österreich Sommerferien und das Schuljahr geht zu Ende. Für manchen Vater ist das dann so wie Sylvester, zum Jahreswechsel: „Nächstes Jahr machen wir das anders, weniger Stress, weniger Streit und die Hoffnung auf bessere Noten des Filius.“ Der Plan steht also, wichtig könnte, ich meine ja nur, auch sein, dass dein Sohn auch von deinen Plänen weiß und im besten Fall, sie auch noch befürwortet.
Wenn die Schulnoten Richtung Süden abrutschen oder der erste Anruf von Lehrerin oder Lehrer wegen irgendwelcher Disziplinlosigkeiten kommt, schrecken auch viele Väter hoch, die sonst nicht mal sagen könnten wie der Klassenlehrer des Jungen heißt oder welche zweite Fremdsprache er gewählt hat. Ganz zu schweigen davon, was täglich auf dem Programm des Jungen steht. „Was ist bloß mit dem Jungen los? Früher hatte er doch Spaß an der Schule“, ist dann oft ein großes Diskussionsthema in der Familie.
Heute holte ich meinen Sohn vom Bahnhof ab und er erzählte mir, dass er mit seinem diesjährigen Schulergebnis nicht zufrieden ist. Er kämpft zwar noch um die eine oder andere Note, indem er sich freiwillig prüfen lässt oder dem Lehrer per E-Mail mitteilt, dass er mit seiner Note nicht zufrieden ist und gerne wüsste, wie sie sich zusammensetzt. Ich sagte ihm, dass es nun eben so ist, er aber im nächsten Schuljahr einfach einen Zahn zulegen soll, wenn er bessere Noten haben mag.
Hier in Österreich ist die 7. Schulstufe die schwierigste und genau dort wird er sich im nächsten Jahr befinden: in der 7. Schulstufe. Ich sagte ihm das so und er meinte dazu: „Irgendjemand hat da nicht nachgedacht. Wenn genau die Schulstufe die schwierigste ist, in der die meisten Kinder in der Pubertät sind, dann stimmt doch da etwas nicht. Das hat sich sicher ein Erwachsener ausgedacht, der sich nicht mehr an seine Schulzeit in Verbindung mit der Pubertät erinnern kann.“
Ich erwiderte etwas belustigt: „Hmm, da magst du recht haben, Max. Aber das Gehirn von Pubertierenden ist auch sehr lernwillig und kann daher schnell neue Dinge aufnehmen.“ „Das mag schon sein“, meinte mein Sohn, aber es werden doch andere Dinge wichtiger als Schule, oder…?“
Da hatte er vollkommen Recht: In der Pubertät steht eben auch bei sehr vielen Jungen Schule nicht mehr ganz oben auf dem Programm. Andere Dinge sind jetzt wichtiger. Die emotionale Achterbahnfahrt der Pubertät und die rasante körperliche und psychische Entwicklung, die Dein Sohn jetzt durchlebt, binden viele seiner Ressourcen. Sich selbst zu finden und die Beziehung zu seiner Clique sind jetzt viel wichtiger als Vokabeln, auch wenn es die wichtigen Latein Vokabeln sind. Auch das körperliche Wachstum ist wirklich anstrengend. Von außen sieht das für viele Eltern so aus als hätte der Herr Sohn einfach keinen Bock. Verzweifelte Appelle an die eigene Zukunft zu denken verhallen ungehört. Ist auch klar, denn aus Sicht Deines Sohnes ist die Zukunft viel zu weit weg.
Viele Schulprobleme von Jungen haben organische Ursachen
Vielleicht ist Dein Sohn noch in der Phase, in der sein Gehirn sich gerade neu verdrahtet. Dieser in der Pubertät zwangsläufige Umbau des Gehirns Deines Jungen beginnt mit dem Teil, der, ganz grob gesagt, für die Emotionen zuständig ist: dem limbischen System. Stimmungsschwankungen lassen grüßen. Der Teil, der für das rationale Denken zuständig ist, für das Treffen von Entscheidungen und das Überblicken von Konsequenzen, der Präfrontale Kortex, kommt erst später dran.
Dieser Umbau hat noch eine weitere Konsequenz: die bei vielen Eltern ach so beliebtn Strafen fruchten bei Teenagern nichts. Wie du wahrscheinlich bereits bemerkt hast. Im Gegensatz zu Kindern und Erwachsenen ändern sie ihr Verhalten meist dann, wenn sie dafür belohnt werden. Denn guess what: auch das Belohnungssystem ist im limbischen System untergebracht. Der Teil des Gehirns, der sich gleich mal am Anfang des „Umbaus“ entwickelt.
Was trotz bzw. wegen der dramatischer Hirnorganischer Umbaumaßnahmen bereits gut funktioniert ist der pubertäre Reflex, alles und jeden zu hinterfragen: Brauche ich das? Wozu brauche ich das überhaupt? Wie weit kann ich gehen? Denn nicht nur Rituale, sondern auch Autoritäten werden in Frage gestellt. Und somit auch die Sinnhaftigkeit der Schule. „Wozu soll ich da denn hingehen? Schule klaut mir nur meine Lebenszeit!“ kann man als besorgte Eltern schon mal vor den Latz geknallt bekommen.
Auch wenn solche Sprüche von Halbstarken alles andere als normal erscheinen, sie sind es dennoch. Sie müssen so passieren, damit sich Dein Sohn zu einer eigenständigen und glücklichen Persönlichkeit entwickeln kann. Das zu verstehen, ist der erste Schritt zu mehr Gelassenheit. Aufregen, schimpfen und die väterliche Autorität in die Waagschale zu werfen helfen nicht, sondern stiften nur noch mehr Unfrieden in der jetzt eh schon häufig angespannten familiären Situation.
Jungen und Schule: Was Du als Vater bei Problemen in der Pubertät tun kannst. 3 hilfreiche Tipps!
Natürlich wünscht Du Dir für Deinen Sohn die bestmöglichen Startchancen ins Berufsleben oder ins Studium. Und Schulnoten sind ein wichtiger Bestandteil dieser Chancen. Einfach zuzusehen und zu hoffen, dass es besser wird, ist deshalb für viele Eltern keine Option. Was kannst Du also tun, wenn Junge und Schule nicht mehr so harmonieren, wie das noch bis zur vierten, fünften Klasse der Fall war?
- Mach Dir – und wenn nötig auch der Mutter – als allererstes klar, dass ein zeitweiliges Absacken der Noten normal ist, dass Dein Sohn gerade mit anderen Dingen beschäftig ist. Bring Ruhe rein und baue nicht zusätzlichen Leistungsdruck auf. Deine Aufgabe ist es, den Jungen zu lieben und ihm das Gefühl zu geben, so angenommen zu werden wie er ist. Stell Dir vor, die Liebe Deiner Partnerin zu Dir hinge davon ab, wie erfolgreich Du beruflich bist. Und wenn es mal aus Gründen, für die Du gar nichts kannst, nicht so klappt, macht sie Dir Druck. Kein schönes Gefühl, stimmts? Warum willst Du das dann Deinem Sohn geben?
- Verabschiede Dich auch von dem Gedanken, der bessere Lehrer zu sein. Deine Aufgaben als Vater sind andere als Hausaufgabenkontrolleur und Nachhilfelehrer zu sein. Ihm den Rücken zu stärken zum Beispiel. Wenn er Dich allerdings darum bittet, ihm zu helfen: Bingo! Dann tu es auch.
- Dass Du trotz aller Gelassenheit schlechte Noten über einen längeren Zeitraum nicht einfach laufen lassen solltest, hat übrigens abgesehen von allem anderen, noch einen weiteren sehr wichtigen Grund: wenn Dein Sohn dauerhaft schlechte Zensuren bekommt, fängt er irgendwann doch an, an sich selbst zu zweifeln. Ein starkes – kein unrealistisch überhöhtes – Selbstwertgefühl ist jedoch eines der wichtigsten Aufgaben, bei dem du deinen Sohn unterstützen solltest. Übrigens: auch eine gemeinsame Auszeit, in den Bergen mit Männers-Urlaub für Vater&Sohn z.B., schafft genau die Basis für mehr Verständnis und so manches „Problem“ löst sich wie von selbst.
Erzähl doch mal von Deiner Schulzeit
Versuche im Gespräch herauszubekommen, ob es konkrete Gründe für das Absacken der Noten gibt. Wird oder wurde Dein Sohn vielleicht gemobbt (vielleicht sogar, weil er als „Streber“ galt)? Ist er über- oder sogar unterfordert? Hat er Liebeskummer oder kommt er mit einer Lehrerin nicht klar? Je konkreter das Problem benannt werden kann umso konkreter kann die Lösung sein, die ihr gemeinsam erarbeiten könnt. Aber verfalle bei dieser Ursachenforschung bitte nicht in einen vorwurfsvollen Verhör-Tonfall: „Irgendworan MUSS es doch liegen?!“
Auch wenn es keine konkrete Ursache gibt, ist es gut, im Gespräch zu bleiben. Du kannst ihm beispielsweise von Deinen eigenen Schwierigkeiten mit bestimmten Lehrern berichten (Eh klar, du warst der absolute Musterschüler, stimmts? Bullshit, raus mit der Sprache!, Du kannst ihm auch erzählen welche Fehler Du gemacht hast, was Du bereust und auch, was den Ärger wert war. Überhaupt: Wie ging es Dir damals in der Schule? Das sind Dinge, die aus meiner Erfahrung heraus, jeden Jungen interessieren. Und es macht dich, den Superhero, für deinen Sohn nahbarer. Sicher wird er so lieber mit dir reden.
In den Jungencoaching nutze ich oft die Methode des Future Pace. Durch geschickte Fragen „entführe“ ich die Jungs in ihre Zukunft, lass sie ihre Träume und Visionen möglichst bunt und realitätsnah erleben. Das kannst du auch: Frage Deinen Sohn, wie er sich sein Leben in zwei, fünf und zehn Jahren vorstellt. Vielleicht hat er schon eine konkrete Vorstellung, vielleicht beginnt er darüber nachzudenken. Wenn Du nach seinen Zielen und Lebensträumen fragst, sei Dir aber bewusst, dass seine Vorstellung weit weg von Deiner sein kann. Versuche aus dieser „Vision“ konkrete Maßnahmen für die schulische Gegenwart abzuleiten. Das funktioniert meist viel besser als Notendruck und dass kannst Du als Vater oftmals besser als die Mutter. Eben deshalb, weil Du vielleicht bisher nicht so nah am Schulalltag Deines Sohnes dran warst. Du bist wie ein Adler, der das schulische Geschehen deines Sohnes von oben, möglichst neutral, betrachten kann.
1 comment
Lieber Anton, mein Sohn und ich durften ja schon einige der starken Abenteuer mit euch zusammen erleben. Das schweißt uns immer wieder auf das Neue zusammen. Was aber noch viel wichtiger ist, ich als Vater lerne so viel über die Verhaltensweisen meines Jungen. In einer reinen Jungsgruppe geht der so was von ab, das ist für mich immer wieder erstaunlich. Du sagst in den Camps immer wieder: „wehe, wenn sie losgelassen werden und mal einfach Jungs sein dürfen“. Dieser Satz begleitet mich immer wieder und ich versuche ihn immer wieder Junge sein zu lassen. Das wollte ich endlich mal loswerden – auf google habe ich das auch schon geschrieben…. 😎
Anton und Team, wir, meine Frau, mein Sohn und ich sind sehr dankbar, für die Abenteuer die ihr über Männers anbietet.
Ach, der Artikel ist auch wieder mal super, zeigt auf, warum mein Sohn so ist und ja eigentlich nichts dafür kann. Joachim