„WARUM“ IST MEIN SOHN SO SCHWIERIG?
Dein Sohn lügt, sitzt dauernd am Computer usw. Die Frage ist doch, warum tut er das? Glaub mir, er will dich nicht ärgern. Er tut es, damit es ihm besser geht.
Meine Arbeit als Coach besteht zum großen Teil daraus, festzustellen WARUM tut der Junge das was er tut. Welchen Vorteil hat er dadurch und wie kann er sein derzeitiges Verhalten durch ein anderes, sinnvolleres ersetzen. Wenn Eltern von Söhnen das WARUM wissen, lösen sich Knoten wie von Geisterhand.
Es gibt viele Gründe, warum Jungen Verhalten an den Tag legen, die Eltern stören.
Oft sind es Jungen in der Pubertät, die „Probleme“ machen. Die Vorpubertät bei Jungen beginnt schon mit ca. 10 Jahren. Erst ganz langsam, dann immer schneller. Mit ca. 12 Jahren sind schon 70% der Jungen in der Pubertät, Jungen mit 13 Jahren zu 95%.
Kinder tun nichts um ihren Eltern zu schaden oder ihnen Sorgen zu bereiten. Sie tun das was sie tun, damit es ihnen selbst besser geht.
KÖNNTE ES SEIN: „DEIN SOHN HAT ANGST?“
„Hilfe mein Sohn lügt, mein Sohn sitzt dauernd am Computer, mein Sohn ist aggressiv, er hört nicht, mein Sohn ist schlecht in der Schule“ usw. Das sind die „Hilferufe“, die ich täglich von besorgten Eltern bekomme. Oft sind diese Jungen in der Pubertät.
Also, schauen wir uns einen der möglichen Gründe für „auffälliges“ Verhalten bei Jungen genauer an. Ein möglicher Grund kann sein:
„Dein Sohn hat Angst“.
Es ist klar: „Jeder Junge, jeder Mann hat Ängste“. Glaub mir, auch dein Sohn hat Angst. Vielleicht zeigt er es nicht, überspielt sie mit betonter Lässigkeit, Aggression oder er zieht sich zurück. Wie kannst du deinen Sohn also unterstützen?
So einfach geht sie nicht weg, diese Angst vor allem Möglichen. Jetzt sprechen wir nicht von Angstneurosen oder Phobien. Nein, es geht um die Angst vor den vielen Kleinigkeiten im Leben.
Es sind viele Fragen, die dein Sohn sich stellt. Und die dieses Unwohlsein, diesen Druck im Bauch auslösen. Und die ihn hindern.
Es sind Fragen wie:
- Wie komme ich in meiner Peergroup an?
- Sehe ich gut aus?
- Bin ich zu dick?
- Bin ich zu dünn?
- Wird mich dieser Kerl wieder mobben?
- Schaffe ich die Versetzung?
- Warum kann ich mich nicht konzentrieren?
- Bin ich vielleicht dumm?
- Mag mich dieses Mädchen?
- Wie bekomme ich meine Eltern dazu,….?
- Was wenn meine Eltern NEIN sagen?
- Was passiert gerade mit mir, meinem Körper?
- Was ist, wenn ich krank werde?
- Wie verändert sich das Klima?
- und, und, und…….!
WAS IST EIGENTLICH ANGST?
Lass uns mal dieses Grundgefühl „Angst“ ein wenig genauer betrachten:
Im Prinzip eine normale Reaktion auf bedrohliche Situationen. Dabei sind manche Menschen aufgrund ihrer Veranlagung und Erfahrungen ängstlicher als andere.
Angst gehört wie Freude, Trauer, Lust und Wut zu den Grundgefühlen des Menschen. Für das Überleben ist Angst entscheidend: Wer sie hat, ist in kritischen Situationen besonders aufmerksam. Oder begibt sich erst gar nicht in Gefahr. Zusätzlich mobilisiert der Körper bei Angst alle Reserven, die er für Kampf oder Flucht benötigt. Oder aber er erstarrt.
Sehr oft entstehen Ängste, wenn es darum geht Neues zu tun, etwas das man(n) noch nie getan hat. Etwas Ungewohntes, ausserhalb der Komfortzone.
Mit dem Verlassen des Gewohnten betritt man ein Gebiet, in dem man sich nicht auskennt, wo Sachen passieren können, die man noch nicht erlebt hat und vielleicht keine Erfahrung hat. Und das macht häufig Angst. Viele Menschen wagen es dann erst gar nicht die Komfortzone zu verlassen und neues zu probieren.
Das ist schade, denn genau in dem Bereich findet Entwicklung statt.
Jungen in der Pubertät durchleben ein Gefühlschaos, das sie so noch nicht kannten und daher oft nicht zuordnen können. Grund dafür sind die durch Hormone ausgelösten Veränderungen im Gehirn und somit auch in den einzelnen Gefühlszentren.
WIE KANNST DU DEINEN SOHN DABEI UNTERSTÜTZEN, SEINE ÄNGSTE ZU LÖSEN?
Erstmal muss er es schaffen, generell Zugang zu seinen Gefühlen zu bekommen
Gerade Jungen tun sich oft damit schwer. Sie orientieren sich, anders als Mädchen, mehr im „aussen“. Somit kann es leicht sein, dass ihm sein Inneres ziemlich unbekannt ist.
Oft schämen sich Jungen auch dafür, starke Gefühle wie Angst zu zeigen.
Manchmal können sie es auch nicht genau definieren, verwechseln dieses Unwohlsein mit Hunger. Dann futtern sich die Angst einfach weg, fressen sich einen Panzer an. Oder sie verkriechen sich hinter ihrem Computer und versuchen dieses Unwohlsein zu über“spielen“, zu vergessen oder sich einfach abzulenken.
In BoysUp Coachings ist ein wichtiger Bereich, den ich zusammen mit den Eltern von Jungen und den Jungs selbst abchecke immer: „Welche Gefühle oder Ängste hat der Sohn, kann er sie benennen und wie lebt er sie aus.“
Genau aus diesen Gründen muss Kindern (ja, auch Jungen!) möglichst früh im Leben klar gemacht werden, dass es in Ordnung ist, Angst (und andere Gefühle wie Trauer, Wut, Lust und Freude) zu empfinden und mit seinem vertauten Umfeld darüber zu reden.
WAS KANNST DU TUN, DAMIT AUCH DEIN SOHN (ODER DEINE TOCHTER) LERNT, GEFÜHLE ZU ZEIGEN?
Zeig auch du deine Gefühle!
Redet darüber!
Iniiziert in eurer Familie „Befindlichkeitsrunden“!
Erzählt eurem Sohn von euren Ängsten (oder einigen)
Macht ihm klar, dass es wichtig und in Ordnung ist, Gefühle zu zeigen.
Fragt immer wieder mal nach: „Wie fühlst Du Dich? Wie geht´s Dir gerade?
Lasst wichtige Emotionen wie Angst, Trauer, Lust, Freude und Wut zu!
Wenn ihr Gefühle zum Thema macht, es bei dir in Ordnung ist, sie zu zeigen und darüber zu reden, wird dein Sohn einen entspannteren Umgang mit seinen Gefühlen und damit zu seinen Ängsten haben.
Davon gehen Ängste aber oft nicht weg, sie sind nur als solche bewusst. Aber dann, wenn deinem Sohn (übrigens dir auch) bewusst ist, dass das was er gerade fühlt „Angst“ ist und er es benennen kann, dann kann man auch etwas dagegen tun.
WIE KANNST DU DEINEN SOHN UNTERSTÜTZEN?
Eine Anleitung, wie du deinem Sohn dabei unterstützen kannst, sich Ängste einfach wegzudenken
In den effektiven BoysUp Coachings arbeite ich mit effektiven Methoden, die speziell auf Jungen zugeschnitten sind. Eine Methode, die ihr auch zu Hause leicht nachmachen könnt, kommt aus dem NLP und nennt sich „Veränderung von Submodalitäten.“ Cora Besser-Siegmund hat diese Methode unter „Magic Words“ auf den Markt gebracht. Ich beschreibe hier die Methode in stark vereinfachter und dennoch wirkungsvoller Form.
- Erstmal suchst du dir einen gemütlichen Platz, an dem du und dein Junge für ca. 15 bis 20 Minuten ungestört seid.
- Er soll nun eine Situation definieren, die ihm Angst macht.
- Danach sucht dein Sohn sich das Wort, das ihm in der Sitution am meisten Angst macht. z.B. Mathearbeit, Schule, Herr Klausner, der Lateinlehrer, usw. Es sollte aus einer Reihe von Wörtern das sein, bei dem er „Angst“ auch wirklich als Gefühl benennen und körperlich orten kann.
- Dein Sohn schließt nun die Augen und stellt sich vor seinem inneren Auge eine Leinwand vor, auf der dieses „Angst“-Wort geschrieben ist. Er soll die Art wie es geschrieben ist beschreiben. Hier soll er möglichst alle Repräsentationssysteme (Sinnessysteme) zur Beschreibung des Wortes auf der Leinwand nutzen.
- Sehen: wie ist das Wort geschrieben. Welche Farbe hat es. Welche Form (eckig, kantig, usw)? Wie groß ist es? Wo auf der Leinwand ist es zu sehen?
- Hören: wenn er genau hinhört, gibt das Wort Geräusche von sich? Welche?
- Fühlen: Wie fühlt sich das Wort an, wenn er es berührt? Rau, kalt, klebrig? Oder kann er im Körper ein Gefühl lokalisieren, wenn er auf die Leinwand schaut?
- Riechen: wie würde das Wort riechen?
- Schmecken: kann er einen Geschmack ausmachen?
Meist wird das Angstwort eher negativ dargestellt werden. Eckig, klein, schwarz oder rau. Es wird ein bedrohliches Geräusch machen und dein Sohn wird einen Kloß im Magen fühlen, wenn er daran denkt.
- Nun kann er das Wort auf einer Skala bewerten.
- 10 – das Wort ist sehr beängstigend
- 1 – das Wort macht mir überhaupt keine Angst
- Dann kann er das Wort nach belieben verändern. Er kann es vor seinem inneren Auge vergrößern, verkleinern, bunter oder ihm eine Farbe, die er mag geben. Er kann schöne Musik hinterlegen und das Wort nach Donuts schmecken lassen. Einfach so, wie es ihm gefällt.
- Dazwischen soll er immer wieder das Wort von 1 bis 10 bewerten. Wenn es eine 1 bekommen hat, wird diese Angst weg sein.
Diese Methode wird schon eine Menge ausmachen und wirkt in der beschriebenen Form bei kleineren Ängsten, die jedoch sehr einschränkend sein können. Probier es aus.
Klar, in meiner BoysUp Arbeit mit Eltern von Jungen und den Söhnen selbst, nutze ich weitere, oft noch effektivere Methoden. Die oben beschriebene ist jedoch eine Methode, die ich den Coachees oft mit nach Hause gebe. Weil sie eben sehr wirkungsvoll und dennoch einfach in der Anwendung ist.
Männer, traut euch eure Gefühle der Welt zu zeigen. Versteckt euch nicht und schluckt Angelegenheiten, die euch auf dem Herzen liegen nicht einfach so runter. Besonders in Beziehungen, sei es zum Partner oder deinem Sohn, deiner Tochter ist es das A und O Gefühle, Wünsche und auch Ängste zu kommunizieren. Sei einfach ein Vorbild, auch im Bezug auf Deine Gefühle.
Viel Erfolg!