Jungen zu mehr Selbstbewusstsein ermutigen

Jungen ermutigen, Kinder ermutigen, mehr Mut

Lasst uns mal darüber reden, wie wir unseren Jungs in der Pubertät Mut machen können. Für die Lebensphase, die sie mit zwölf, dreizehn Jahren vor sich haben, brauchen sie nämlich allen Mut. Die Herausforderungen sind gewaltig. Vielleicht gewaltiger, als wir Erwachsenen, die eine Pubertät ohne Corona erlebt haben, uns das vorstellen können. 

Gezwungen von der biologischen Entwicklung haben Jungen in der Pubertät einiges zu meistern: Die körperliche Entwicklung, die emotionale Achterbahnfahrt, der Druck unbedingt genug sein zu müssen – bei völlig unrealistischen Ansprüchen, welche Social Media und klassische Medien an sie stellen –, die Ungewissheit, was sie in der unbekannten Welt der Männer erwartet… Diese Herausforderungen können sich vor Jungs auftürmen wie eine unüberwindliche Wand. Was er jetzt braucht, ist Mut. Den Mut, all das in Angriff zu nehmen. Den Mut, sich den großen Aufgaben zu stellen. Und nicht zuletzt, den Mut, sich auch aufzuraffen und auf den unbekannten Weg zu machen.

Ich habe über den Sommer wieder viele fantastische Jungs kennenlernen dürfen. Jungs, denen man wirklich zusehen konnte, wie sie von Tag zu Tag mehr Selbstbewusstsein und Selbstwertgefühl entwickelten. Das waren Jungen, die plötzlich erleben konnten, dass sie auch außerhalb ihrer Komfortzone „überleben“ können. Das waren Jungs, die ihre eigenen Lösungen finden mussten und durften und die sie selbst gefunden haben. Denen – ob an Bord oder am Berg – wurden nicht alle Steinchen von Mama und Papa aus dem Weg geräumt. Das waren Jungs, die gemerkt haben: Ich kann ja was. Ich bin ja wer. Und vor allem: Ich werde hier ernst genommen.

Ein Plädoyer für das Abhärten?

Ist das hier also ein Plädoyer für das gute alte Abhärten, das in Wahrheit gar nichts Gutes hatte? Für eine moderne Art, der von Generationen gefürchteten Kinderlandverschickung? Zu Pfefferminztee und Marmeladenbrot? Mitnichten, es ist vielmehr ein Plädoyer dafür, die Erkenntnisse unserer Camps und Erlebnisreisen, auf denen wir die Eltern und Jungen eng begleiten, einfach mal in den Alltag zu übertragen.

Der Neurobiologe Gerald Hüther sagt ganz aktuell im deutschen Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“: „Wenn wir für unsere Kinder immer alle Steine aus dem Weg räumen, müssen wir uns nicht wundern, wenn sie später über jeden im Weg liegenden Stein stolpern und hinfallen. Im Gehirn werden nicht die Schwierigkeiten verankert, die Kinder haben, sondern die Lösungen, die sie selbst finden.“ (Quelle) Das heißt, wir müssen unseren Kindern auch die Gelegenheit geben, eigene Lösungen zu finden. Und ich ergänze: sie auch mal an falschen Lösungen scheitern lassen. Das funktioniert nur, wenn wir die Blase, mit der viele Eltern ihre Kinder isolieren, aufstechen. Wir müssen ihnen schließlich die Gelegenheit geben, überhaupt Lösungen finden zu können.

Wie können wir die Erkenntnis des Neurowissenschaftlers ganz praktisch in unseren Alltag integrieren? Die Antwort ist eigentlich ganz einfach: Lass den Jungen altersgerecht Verantwortung für sich übernehmen. Warum schmierst du dem Kerl Brote, wenn er kommt und Hunger hat? Warum sagst du nicht einfach: „Da ist der Kühlschrank“. Warum räumst du hinter ihm her und sammelst seine dreckige Wäsche ein? Warum nicht verlangen, dass er seine Schmutzwäsche selbst in die Wäschekiste wirft. Er braucht sie ja nicht unbedingt waschen. Aber er sollte verstehen, dass er irgendwann keine Socken mehr hat, wenn sie nicht gewaschen werden. Repariere sein kaputtes Fahrrad nicht für ihn, sondern mit ihm. Das ist der Preis dafür, dass er es wieder benutzen kann. Beim nächsten oder übernächsten Mal kann er es selbst. Wenn er dann stolz das Bike von seinem Kumpel richtet, dann habt ihr wirklich viel erreicht. 

Ermutigen Lösungen selbst zu erarbeiten

Ich kenne einen Jungen, der Schwierigkeiten in der Schule hatte. Er fühlte sich von einem Lehrer gemobbt. Davon erzählte er mir und er wollte, dass ich es seinen Eltern erzähle. Ich sollte sein Sprachrohr sein. Ich erzählte es also den Eltern. Die hatten jetzt verschiedene Möglichkeiten.

  1. Dem Jungen zu sagen, dass er sich das wohl einbildet und er lieber besser lernen sollte.
  2. Das Gespräch mit der Schulleitung zu suchen und die Sache unter Erwachsenen zu besprechen, oder
  3. Das Gespräch mit der Schulleitung zu suchen und dem Jungen beizustehen, wenn er selbst seine Probleme schildert.

Sie entschieden sich für die dritte Lösung. Im Gespräch setzten sich die Eltern hinter ihren Jungen und überließen ihm den Hauptteil des Gesprächs, in dem tatsächlich eine gute Lösung gefunden wurde. 

Dieses Vorgehen erfordert von beiden Seiten bereits viel Mut. Aber die Eltern haben ihrem Jungen Sicherheit gegeben und Vertrauen geschenkt. Sie haben ihn ermutigt. Sie haben ihn extrem wirksam in seiner Selbstwirksamkeitswahrnehmung unterstützt. Aus dem Finden und dem eigenständigen Umsetzen einer Lösung erwächst echtes Selbstbewusstsein.  

Mit Hindernissen zum Erfolg

Wenn dein Junge eine Herausforderung selber überwinden muss, lässt du ihn nicht allein. Jungen in der Pubertät zu ermutigen bedeutet, dass du nicht immer vorangehst und wie ein Schneepflug alle Schwierigkeiten aus dem Weg räumst. Vielmehr musst du ihm das Gefühl geben, dass du als sicherer Backup hinter ihm stehst und ihn auffängst, wenn es mal schiefgeht. Frag ihn doch mal, was er sich wünscht. Frag ihn, wie du mit solchen oder ähnlichen Situationen umgehen sollst.

Diese Art Jungs zu ermutigen ist sicher anstrengender, als ihm dann, wenn es soweit ist, zuzurufen, „Stell dich nicht so an“, „Schau mal, ALLE können das“ oder noch schlimmer „ALLE trauen sich!“. Aber es ist viel, viel wirksamer, um unsere Jungs auf ihr Leben als eigenständige und autonome Erwachsene vorzubereiten. 

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