7 AUF WELTREISE

Eine Familie mit 5 Söhnen reist um die Welt

Eine Geschichte von einer Familie, die aufbrach um die Welt zu erleben. Eine Mutter, ein Vater und 5 Söhne unterwegs auf acht Quadratmeter.

Wir lernten die 7 bei der Costa Rica Reise im Herbst 2019 kennen und schätzen. 

Danke Franzi, dass du uns einen Einblick in euer Leben gibst.

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    “Wir, das sind Franziska, Marko, Livius, Valentin, Loris, Florentin und Bennett.”

    “Im Jahr 2017 haben wir beschlossen, als Familie auf Weltreise zu gehen und sind im Juli 2018 mit unserem Mercedes Sprinter Van und zwei Dachzelten in Kanada gestartet. Wir haben dafür unsere 5-Zimmer-Wohnung in Stuttgart aufgegeben und uns wegen der Schulpflicht aus Deutschland abgemeldet.

    Wir nehmen euch mit an fantastische Orte, erzählen euch von großen Abenteuern und schwierigen Herausforderungen und zeigen euch all das WUNDERvolle, das uns begegnet.”

    7 auf Safari - Südafrika
    7 auf Safari – Südafrika

    Es ist März 2020. Wir sind in Namibia.

    Die Meldungen und Maßnahmen dieser Tage überschlagen sich. Corona hat es bis in den letzten Winkel dieser Erde geschafft und legt das Leben vielerorts lahm. Stille ist das Ergebnis, Stille in den Schulen, den Kindergärten, den Büros, auf den Straßen, den Spielplätzen, den Märkten, überall dort, wo sich normalerweise Menschen begegnen und beisammen sind. Mal mehr, mal weniger.

    Laut hingegen wird es hinter den Türen. Dort wo Kinder und Eltern völlig unvorbereitet unerwartet viel Zeit miteinander verbringen müssen. Oder dürfen? 

    Ich denke darüber nach. Ich denke über den Beginn unserer Reise nach, darüber, wie wir uns die Familienzeit vorgestellt haben, darüber, wie wir über die Themen Bildung und Erziehung gedacht haben und, darüber, wie sich unsere Sichtweisen bis heute, 21 Monate später, verändert haben.

    Und ich kann alle Emotionen, die hinter den Türen heute hochkochen nachvollziehen – die Freude, die Angst, die Überforderung, die Gelassenheit, die Wut, den Frust, den Stolz und noch viele mehr.

    Alle habe ich, haben wir, auch gefühlt und an allen sind wir gewachsen, haben gelernt und lernen weiter.

    Von Null auf 100

    Als wir im Sommer 2018 losgereist sind, waren unsere Kinder 12, 10, 8, 7 und 2 Jahre alt. Die vier großen gingen zur Schule, der Kleinste war zuhause. Und auch wenn die Schule eine Freie Alternativschule war, waren sie doch jeden Tag dort und hatten zudem noch vereinzelte Termine in Sportvereinen und der Musikschule.

    Mein Mann war von Montag bis Freitag oft zwölf Stunden am Tag außer Haus. Unser Leben war strukturiert und organisiert. Das endete mit dem 30. Juni, dem Tag, an dem unsere Weltreise mit einem Flug nach Kanada begann.

    Seit diesem Tag sind wir jeden Tag 24 Stunden beieinander. 

    Die romantische Vorstellung von Familienzeit und das unromantische Erwachen

    Die Idee: der Tag startet mit einem gemütlichen Frühstück, dann arbeitet jeder an seinen Aufgaben, macht Dinge, die ihn interessieren, anschließend wird gemeinsam gespielt und nach dem Abendessen lesen wir aneinandergekuschelt Bücher oder machen Pläne für die nächsten Tage und Ziele. Da ist doch eigentlich keine Zeit für Streit und vor allem gar keine Notwendigkeit. Alle sind zufrieden, ausgefüllt und glücklich. Und, das ist das Entscheidende, es gibt keinen Stress.

    Aber, es kam anders, die Realität: sieben Menschen haben selten die gleichen Bedürfnisse; Kinder zwischen Kleinkind und Teenager interessieren sich selten für die gleichen Bücher und unsere Liste mit Dingen, die erledigt werden müssen war unerwartet lang. Hinzu kamen Diskussionen um die Tätigkeiten für die Gemeinschaft, man könnte es auch unter „Haushalt“ zusammenfassen, die nun permanente Auseinandersetzung mit dem Medienthema, das hatten wir zuvor ja halbtags in die Schule verlegt, und die ewige Frage nach dem richtigen Maß an Schulthemen.

    Wir kamen also alle miteinander recht bald an unsere Grenzen. Ich rief lauter werdend nach Strukturen, ein anderer rief nach Freiheit, der nächste wollte Begleitung, einer seine Ruhe und so weiter.

    Da war er: der Boden der Tatsachen. 

    Er war hart und unbequem, aber, er war nicht unser Ende. Wir warfen unsere Erwartungen über Bord, ließen über viele Monate hinweg los und begaben uns in die Freiheit. Das, was uns den Alltag so schwer machte, waren unsere Vorstellungen davon, wie die Dinge zu sein haben.

    Aber wir ertranken darin, denn wir hatten keine Referenz. Weder hatten wir je eine Weltreise gemacht, noch hatten wir unsere Kinder zuhause unterrichtet oder unseren Alltag zu siebt gestaltet. Wir kannten richtig und falsch nicht. Aber es gab Bedürfnisse von sieben Menschen und wir erkannten, nur wenn wir allen Bedürfnissen die gleiche Wertigkeit zugestehen, wenn wir sie nicht an Jahren oder Körperhöhe messen, dann kommen wir in ein Miteinander, dann diskutieren wir auf Augenhöhe und finden Lösungen.

     “Das Ziel ist also nicht mehr die allgegenwärtige Harmonie, sondern ein Miteinander, das verschiedene Ansichten zulässt, dass ehrliche und offene Kommunikation ermöglicht und jedem seinen Raum lässt, seine Bedürfnisse zu spüren und zu äußern.”

    Das war und ist nicht immer einfach. Wir mussten den Mut entwickeln, Erwartungen loszulassen, Wiederstand zuzulassen und das Erziehen einfach mal sein zu lassen. Unsere Kinder sind vollkommen. Genauso wie wir wissen was wir brauchen, was uns grad gut tut, wann uns kalt ist oder wir müde sind, wissen sie es auch. Also haben wir aufgehört, Erziehungsmuster über sie zu stülpen.

    Es gibt kein „Das macht man aber so!“ mehr.

    Wir versuchen, sie zu sehen und wenn wir das Gefühl haben, einer der Jungs hat vielleicht aus der Gruppendynamik heraus etwas gemacht, was nicht gut für ihn war, dann sprechen wir darüber und finden die Beweggründe heraus.

    Ein Beispiel:

    Unser viertgeborener ist jetzt acht und tut sich schwer damit, für seine Bedürfnisse einzustehen. Er hat oft Angst, etwas zu verpassen, von etwas zu wenig zu bekommen oder sonst irgendwie benachteiligt zu sein. So passiert es, dass er abends, obwohl todmüde, nicht ins Bett oder, dass er etwas ablehnt, weil der Bruder es abgelehnt hat. Neulich gab es Frühstückseier. Sein größerer Bruder hatte keine Lust drauf und sofort hat er auch gesagt, dass er kein Ei möchte. Ich hab ihm ein bisschen Zeit gelassen und ihn dann nochmal direkt gefragt. Schlussendlich hat er zwei gegessen.

    Wir können natürlich die Gruppendynamik nicht ausschalten. Sie ist da und sie ist Teil ihres sozialen Lernens. Zum Glück! Die Energie, die dabei unter Jungs entsteht ist nicht immer leicht auszuhalten, vielleicht besonders für mich als Mutter nicht. Vieles ist früher auf dem Schulhof gelaufen – lachen, motzen, streiten, sticheln, raufen, ausschließen, verbünden, aushecken, usw.. Dinge, die man normalerweise oft mit den Kumpels macht, mit denen, die man sich ausgesucht hat. Alle diese Facetten erleben und begleiten nun wir. Und wir alle können dem nicht entfliehen. Wir sind uns Freund und auch mal „Feind“, wir suchen uns themenspezifisch Begleiter und können auch mal nichts mit dem anderen anfangen. 

    Struktur haben wir bis heute noch keine geschaffen.

    Jeder Tag ist anders, jeden Tag müssten wir die Struktur anpassen. Manchmal zweifle ich an uns und denke, das ist eine Schwäche. Wir sind nicht konsequent, wir sind nicht in der Lage, unseren Kindern strukturiertes Arbeiten vorzuleben und beizubringen.

    Und dann sehe ich, es ist nicht erforderlich.

    In unserer Situation ist der größte aller Gewinne der, dass uns nicht Strukturen strukturiertes Arbeiten ermöglichen, sondern Situationen, Projekte, Notwendigkeiten. Wenn etwas erledigt, repariert oder gemacht werden muss oder will, dann entsteht ein Plan, eine Struktur. Wenn nichts ansteht, braucht es auch keine künstliche Struktur. Das kann auch immer nur einzelne betreffen – der, der etwas geplant hat, schafft sich nach Rücksprache seinen Raum.

    Das funktioniert für uns gut. Und wenn es dann Gemaule beim Abwaschen gibt, liegt das nicht an einer fehlenden Struktur, sondern schlicht daran, dass das hier keinem wirklich Spaß macht. Und das ist ok. Es muss keinen Spaß machen, es muss nur erledigt werden und irgendwann kommen auch unsere Kinder noch dahinter, dass das mit Musik und guter Laune einfach leichter von der Hand geht.

    Und nein, Spaß muss es deshalb trotzdem nicht machen.

    Oh, diese Bildschirmmedien

    Kein Tag vergeht ohne.

     Sie sind präsent und fordern Aufmerksamkeit. Medienforscher älterer Generationen verkünden Fluch und Schaden, der von ihnen ausgeht. Forscher neuerer Generationen sehen kompetente Kinder, die die Qualität und Quantität des Konsums durch freien Zugang lernen.

    Und wir Eltern sitzen mittendrin und haben Fragen, Zweifel, Ängste und keine Ahnung.

    Auch hier schwimmen wir ohne Referenz im Strom.

    Alles ist neu. Anders als damals.

    “Zu Beginn unserer Reise dachten wir, wir könnten das Thema an den Rand stellen. Wir werden viel sehen, viele Alternativen haben, ganztags draußen sein und würden keiner Tablets oder Computer bedürfen.

    Wieder falsch.”

    Das Gros unserer eigenen Aufgaben bedurfte eines Bildschirms – von der Kommunikation mit Familien und Freunden, der Bildbearbeitung über das Schreiben unseres Reiseblogs bis hin zur Abarbeitung des E-Mail-Posteingangs und der Recherche zu weiteren Reiserouten, Campingplätzen und Zielen.

    So saßen wir also doch öfter davor, als uns lieb war und die Kinder spürten unweigerlich das Verlangen, auch in diesen Genuss zu kommen. Meistens nicht, um zu arbeiten, sondern um zu spielen.

    Wir experimentierten infolge dessen viel. Versuchten uns hier tatsächlich an Strukturen inform von festgelegten Zeiten, sprachen über verschiedene Spiele und versuchten es auch mal mit Bedingungen (wenn das und das erledigt ist, dann darfst du das und das).

    Im Laufe der Zeit führte das dazu, dass Tablets heimlich mit ins Zelt genommen wurden, das Nischen und Ecken zum heimlichen Spielen gesucht und gefunden wurden.

    Das wollten wir nicht mehr.

    “Wir erkannten, dass das Bedürfnis groß ist und das wir unglaubwürdig sind, wenn wir selbst lange Zeit am Computer sitzen und anschließend behaupten, den Kindern würde das schaden. “

    Wir brauchten eine neue Sichtweise und ein neues Modell und versuchten es mit Freiheit und Selbstbestimmung, mit dem Glauben, dass das zur Selbstregulation führen wird. Auf diesem Weg befinden wir uns noch. Wir beobachten, was es mit den Kindern macht.

    Ist das Maß gesund – in dem Sinne, dass die Jungs weder aggressiv noch überdreht oder verstört sind?

    Können wir Ausflüge machen, gemeinsam am Tisch sitzen und werden alle Arbeiten, die die Gemeinschaft betreffen gemeinsam erledigt?

    Und gibt es alternative Interessen, für die Raum bleibt?

    Der Grat ist schmal. Immer mal wieder ruft es in uns Erwachsenen nach Regulation. Gleichwohl wissen wir aber, dass man manche Projekte, auch die am Computer, einfach noch abschließen muss, bevor man Zeit hat zu essen. So gelingt es uns an dem einen Tag gut, an einem anderen nicht so.

    Aber wir maßen uns nicht mehr an, die Wahrheit zu kennen. Wir versuchen mit diesem Thema zu wachsen, gemeinsam mit unseren Kindern.

    Die Sache mit dem Lernen

    Wir alle lernen. Jeden Tag. Immer. 

    Der Schulstoff ist von den Abermillionen an Themen dieser Welt eine Auswahl, die jemand getroffen hat, der mit den vielleicht besten Absichten definiert, was wichtig für die Zukunft unserer Kinder ist. Mehr nicht.

    Wenn wir als Erwachsene zurückblicken auf unsere Schulzeit, ist vieles verschüttet, manches nicht mehr gültig.

    Nur ein kleiner Teil, die Themen, die uns wirklich interessiert haben, ist so hängen geblieben, dass wir ihn heute noch wiedergeben können.

    Aber vorsichtshalber fragen wir doch oft Wikipedia, um nicht falschen Erinnerungen aufzusitzen und unseren Kindern falsche Informationen zu geben.

    Und wenn wir nach vorn blicken – so das im Corona-Nebel gerade überhaupt möglich ist – erahnen wir, dass wir von der Welt, in die die Schulen unsere Kinder mit 15,16,17 entlassen nicht die geringste Ahnung haben. Das digitale Zeitalter hat begonnen und mit ihm die rasanteste Entwicklung des Lebens und der Lebensumstände seit Anbeginn der Menschheit.

    “Was also brauchen unsere Kinder, was brauchen wir, was braucht die Welt?”

    Und finden wir die Antworten darauf im Lehrplan?

    Wir haben uns diese Frage schon früh, als junge Eltern zu stellen begonnen und waren uns schnell einig darüber, dass wir den klassischen Weg nicht gehen werden. 

    Und diese damalige Entscheidung hat uns den Weg für unsere heutige Situation geebnet. Wir sind (fast) ohne Schulmaterial und ohne Angst, dass unsere Kinder Schulstoff verpassen, losgereist. Sie lernen das, was uns begegnet – Fremdsprachen, Geographie, Geschichte, Ökologie, Völkerkunde. Sie sehen vor Ort die Probleme der Welt, deren Lösung die Mammutaufgabe ihrer Generation sein wird.

    Was sie (anm. die Jungs)  also brauchen, ist die Kompetenz, in der Zukunft Lösungen zu finden, auf komplexe Fragen, die wir heute noch nicht kennen.

     Wir haben uns frei gemacht von dem Glauben, dass die Schule die Voraussetzungen dafür zu schaffen vermag. Wir lernen gemeinsam, mal auf dem Papier, mal im Gespräch, mal am Computer. Und jeder lernt das, was für ihn richtig und wichtig ist.

    Aber das ist unser Weg, unsere Freiheit. Wenn wir in Zeiten wie dieser in Deutschland in Quarantäne leben müssten, würden wir mit unserer heutigen Sichtweise versuchen, den Stress und die Angst rauszunehmen. Die Angst, dass die Kinder zu wenig lernen, die Angst, dass sie zuviel Bildschirmmedien konsumieren, die Angst, dass sie sich zu wenig bewegen, die Angst, dass das Arbeiten im Homeoffice nicht funktionieren wird. Die Angst, dass Aggressionen entstehen.

    “Stattdessen würden wir über Bedürfnisse sprechen – wer kann wann am besten arbeiten, wer braucht welche Fluchtpunkte, wer kann hier oder da mit helfen oder oder oder…”

    Das klingt nach Struktur. Ja, ist es. Aber es ist vielleicht der Weg in eine flexible, individuelle Struktur, die wir als Eltern von außen schützen, beobachten und gegebenenfalls nachjustieren. Vor allem aber auch eine Struktur, in der wir selbst als Eltern unsere Bedürfnisse erkennen und einfließen lassen, damit wir diese Zeit auch aushalten.

    Es gibt eben kein:

    „Das muss so sein, das war schon immer so!“.

    DAS war noch nie da. 


    Verfolge die spannende Reise der 7 auf Weltreise. Tauch ein in die Geschichten der Eltern mit 5 Söhnen:

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     7aufweltreise.de

    Wie findest du das, mit 5 Jungs rund um die Welt zu reisen? Wir alle freuen uns über eure Kommentare. Danke!

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