Wie TikTok, Instagram & Co. das Männerbild prägen – und was Eltern dagegen tun können
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Ein pubertierender Junge taucht ins Smartphone ab – Social-Media-Influencer werden oft zu heimlichen Erziehungsberechtigten. Dein Sohn hat über Nacht Macho-Allüren entwickelt? Plötzlich predigt er Sprüche à la „Ein richtiger Mann zeigt keine Schwäche“ und rollt mit den Augen, wenn du widersprichst?
Du fragst dich, wer ihm diesen Unsinn einflüstert – und warum er dir nicht mehr zuhört?
Willkommen im Jahr 2025, in dem soziale Medien manchmal mächtiger scheinen als wir Eltern. Lass uns gemeinsam einen Blick hinter sein Verhalten werfen. Du wirst sehen: Dein Junge ist nicht „kaputt“ – er steckt nur im Sog fragwürdiger Influencer fest. Und genau da holen wir ihn jetzt gemeinsam raus.

Im Sog der Vorbilder: Wenn TikTok wichtiger wird als Mama und Papa
Stell dir Folgendes vor: Ein 16-jähriger Junge schläft plötzlich auf dem Boden, duscht eiskalt und macht selbst bei Minusgraden halbnackt Liegestütze auf dem Balkon. Eine Freundin hat er (noch) nicht, aber er verkündet schon, dass seine Zukünftige keine Feministin sein dürfe – sondern eine „richtige Frau“ mit langen Haaren. Klingt wie aus einem schlechten Film? Genau so eine echte Szene hat mir ein Vater neulich berichtet. Sein Sohn hatte auf YouTube und TikTok ein Idol gefunden: einen selbsternannten „Alpha-Mann“ – ein Influencer, der behauptet, männliche Härte sei alles und Frauen gehörten in die zweite Reihe. Kein Wunder, dass bei solchen Vorbildern zu Hause die Fetzen fliegen. Mama ist entsetzt über die Macho-Sprüche, Papa macht sich Sorgen, wohin das führen soll. Doch Schimpfen oder Verbieten allein helfen nicht – erst müssen wir verstehen, was in deinem Sohn vorgeht.
Das männliche Gehirn im Ausnahmezustand: Pubertät als Umbauphase
Du glaubst, dein pubertierender Sohn versteht dich nicht mehr? Tatsächlich hört er dich biologisch gesehen wirklich schlechter!
Eine neurowissenschaftliche Studie belegt:
Mit etwa 13 Jahren wird das Teenager-Gehirn neu verkabelt. Familie wird unwichtiger, fremde Stimmen spannender. Hirnscans zeigen, dass Jugendliche viel stärker auf neue Stimmen reagieren als auf die vertraute Stimme von Mama oder Papa.
Warum? Weil die Natur will, dass dein Kind selbstständig wird.
„So wie ein Kleinkind auf Mamas Stimme fixiert ist, so zieht ein Teenager unbekannte Stimmen magisch an“, erklärt der Studienleiter
Krass ist: Das Gehirn schüttet sogar Belohnung aus, wenn dein Sohn neuen Input von außen bekommt – selbst wenn das Input in unseren Ohren Unsinn ist.
Bevor du verzweifelst: Dieser Prozess ist eigentlich etwas Gutes. Er hilft Jugendlichen, ihren Weg in der Welt außerhalb der Familie zu finden. Experten betonen, dass es ein positives Zeichen für wachsende Unabhängigkeit ist. Dein Sohn trainiert, außerhalb eurer vier Wände sozial kompetent zu werden. Wenn er also rebelliert und dich „nicht mehr hört“, ist das keine böse Absicht, sondern eine natürliche Folge der Gehirnentwicklung. Sprich: Es ist nicht persönlich gemeint – auch wenn es sich für dich manchmal genau so anfühlt.
Hormone, Emotionen und heimliche Helden
Neben der Hirn-Umbauaktion tobt in deinem Sohn ein Hormonsturm. Testosteron lässt Muskeln, Knochen und Geschlechtsteile wachsen, aber auch die Gefühle fahren Achterbahn. Viele Jungen wirken in der Pubertät emotionslos oder gereizt – doch innen drinnen sind sie oft total verunsichert. Stell dir vor, du wärst 14 und müsstest herausfinden, „Was heißt es, ein Mann zu sein?“ Heute gibt es darauf nicht nur eine Antwort, sondern ein ganzes Spektrum an Rollenbildern: Von sensiblen Popstars mit Nagellack bis zu lautstarken Machos, die behaupten, ein „echter Kerl“ müsse immer dominant sein. Dieses Durcheinander an Botschaften kann Jungs überfordern. Einerseits hören sie vielleicht von uns Eltern: „Es ist okay, Gefühle zu zeigen.“ Andererseits prahlt ein Influencer: „Männer weinen nicht, Männer kämpfen.“ Kein Wunder, wenn dein Sohn da nach klaren Regeln sucht.
Und hier kommen die Influencer-Helden ins Spiel. TikTok, YouTube, Reels, Shorts & Co. bieten simple Antworten in einer komplizierten Welt. Erfolg, Muskeln, Männlichkeit zum Nachmachen: Viele dieser selbsternannten „Männer-Coaches“ präsentieren verlockend einfache Regeln für Jungs. Beispiel gefällig? „Sei immer diszipliniert. Zeig nie Schwäche. Stell dich an erste Stelle. Hör nie auf andere – und lass Frauen zappeln.“ Solche Zehn Gebote des toxischen Machos kursieren millionenfach geklickt im Netz. Einige „Tipps“ überschreiten dabei klar die Grenze zu Frauenhass: Junge Fans lernen in manchen Blogs tatsächlich, wie sie Mädchen mit Manipulation und Gefühls-Kälte gefügig machen sollen. Da läuft es einem als Mutter oder Vater eiskalt den Rücken runter.
Toxische Vorbilder: Was so faszinierend daran ist
Warum um Himmels willen findet dein Sohn solche Typen auch noch cool? Die ehrliche Antwort: Weil sie ihm ein Gefühl von Macht geben, das ihm im echten Leben vielleicht fehlt.
Ein Psychologe erklärte kürzlich: „Was Leute wie Andrew Tate anbieten, wirkt wie eine Droge – du fühlst dich plötzlich mächtig, ohne etwas geleistet zu haben.“
Und genau dieses High zieht besonders unsichere Jungs an. Sie fühlen sich stark, gehören dazu, haben einen Plan, wie sie „richtige Männer“ werden. Selbst kluge, eigentlich respektvolle Jugendliche können in diese Falle tappen – oft merken sie gar nicht, wie extrem die Inhalte wirklich sind.
Andrew Tate & Co.: Rebellion mit Like-Button
Nimm Andrew Tate, einen berüchtigten Influencer, der sich selbst stolz „frauenfeindlich“ nennt. Er predigt ein Männlichkeitsbild von vorgestern: Männer = Dominanz und Kampf, Frauen = Objekte für Küche und Bett. Gewalt gegen Frauen verklärt er als Teil dieses Weltbilds. Warum zur Hölle hat so jemand Millionen Follower? Ein Teil der Antwort: Er bedient die Rebellion. Für Jungs, die provozieren wollen, wirkt Tate wie ein Held, der „gegen Political Correctness“ aufsteht. Er spricht das aus, was angeblich keiner mehr sagen darf. Das klingt in pubertären Ohren verdammt verlockend.
Dazu kommt die Algorithmus-Falle: Wenn dein Sohn einmal auf solche Videos klickt, spült ihm TikTok & YouTube immer mehr davon ins Handy. Viele Teenager berichten, dass Tate und ähnliche Inhalte überall in ihren Feeds auftauchen – man kann ihnen kaum entkommen. So entsteht eine Informationsblase, eine Echokammer: Dein Junge hört ständig, echte Männer müssten hart, reich und rücksichtslos sein, sonst wären sie „Loser“. Und je öfter er das hört, desto normaler und richtiger klingt es für ihn.
Zahlen, die wachrütteln
Denk nicht, dass nur ein paar Außenseiter betroffen sind.
Aktuelle Umfragen zeigen, wie weit verbreitet diese toxischen Einflüsse schon sind.
Fast ein Viertel (23 %) aller 15- bis 16-jährigen Jungen hat eine positive Meinung von Andrew Tate. Stell dir das mal in einer Schulklasse vor: Jeder vierte Junge findet einen Frauenhasser irgendwie gut. In Fokusgruppen sagen die Jungs, Tates Botschaften seien allgegenwärtig – unausweichlich – in ihrer Online-Welt.
Noch überraschender: Sogar viele Väter sympathisieren mit ihm. Ein Drittel der Väter hat laut der Studie ein positives Bild von Tate – bei jüngeren Vätern unter 35 sind es sogar über die Hälfte! Diese Zahlen alarmieren, denn sie zeigen: Das Problem steckt mitten in unseren Familien. Wenn selbst Papas heimlich Tate feiern, wie sollen sie dann glaubwürdig mit ihren Söhnen dagegen reden?
Die Gefahr solcher Influencer ist real. Sie säen Frauenhass, Homophobie und ein Rollenbild, das Jungs letztlich selbst schadet. Viele Jungs werden täglich mit zutiefst frauenfeindlichen Inhalten konfrontiert – oft ohne dass Eltern oder Lehrer es ahnen. Und gleichzeitig redet kaum jemand mit ihnen darüber in der Schule. So wächst eine Generation heran, in der alte Macho-Stereotype plötzlich wieder salonfähig wirken.
Toxische Männlichkeit 2.0, verpackt in coole Sprüche und schnelle Autos auf Instagram.

Hinter der Fassade: Was dein Sohn wirklich braucht
Jetzt fragst du dich vielleicht: „Okay, verstanden – mein Sohn ist anfällig für diesen Mist. Aber was kann ich tun?“ Die wichtigste Erkenntnis zuerst: Hinter der harten Schale deines Sohnes steckt immer noch dieser kleine Junge, der dich lieb hat und Orientierung sucht. Auch wenn er dich gerade wegschubst, braucht er dich mehr denn je. Tief drin sehnt er sich nach Bestätigung – nach dem Gefühl, „gut genug“ zu sein als junger Mann. Wenn wir Eltern ihm das nicht geben, sucht er es sich halt woanders, zum Beispiel bei Andrew Tate & Co. Wie können wir also gegensteuern? Hier ein paar Ansätze, die sich in meiner Coaching-Praxis mit Familien bewährt haben:
1. Bleib im Gespräch – neugierig statt wütend
Auch wenn dir die Kinnlade runterfällt, wenn dein Sohn den nächsten Unsinn vom Stapel lässt – bleib ruhig. Schluck einmal durch und frag ihn: „Was findest du eigentlich an diesem Typen so faszinierend?“ Höre wirklich zu, ohne ihn sofort abzuwürgen. Zeig ihm, dass du verstehen willst, wie er denkt. Zum Beispiel: Wenn du frauenfeindliche Musik oder Sprüche aus seinem Zimmer hörst, sag in ruhigem Ton: „Du, das macht mir Sorgen. Was genau spricht dich daran an?“. So eröffnest du einen Dialog. Dein Sohn merkt: Du verbietest ihm nicht einfach alles, du interessierst dich echt für seine Welt – auch wenn du sie kritisch siehst. Diese Haltung kann Wunder wirken. Sie nimmt den Kampf-Modus aus dem Gespräch. Dein Junge fühlt sich weniger angegriffen und ist eher bereit, zuzuhören, was du zu sagen hast.
Dabei darfst du ruhig deine Werte klar machen. Zum Beispiel: „Der Beat von dem Song ist mega, klar. Aber hör mal auf den Text – der Typ singt, dass Frauen minderwertig sind. Findest du das eigentlich okay?“. Solche Fragen pflanzen Samen in seinem Kopf. Vielleicht gibt er nicht gleich zu, dass es falsch ist – aber du hast ihn ins Grübeln gebracht. Du zeigst Haltung, ohne ihn bloßzustellen. Das ist wichtiger, als ihm eine Strafpredigt zu halten, die er eh ausblendet.
2. Setz liebevolle Grenzen gegen Hass
Verständnis zeigen heißt nicht, alles durchgehen zu lassen. Wenn dein Sohn seine Schwester oder gar die Mutter „Schlampe“ nennt, weil er das online so aufgeschnappt hat, muss eine klare Grenze her. Mach unmissverständlich klar: Hass, Gewaltfantasien und Respektlosigkeit haben in unserer Familie keinen Platz. Punkt. Er muss spüren, dass du Standards hast. Wichtig ist, wie du die Grenze setzt: Möglichst ohne verletzende Schimpftiraden, sondern mit ruhigem Nachdruck. Etwa: „Ich liebe dich, aber ich werde nicht zulassen, dass du Frauen so abwertend behandelst. Das ist nicht okay.“ Verbiete ihm ruhig bestimmte Inhalte (z.B. extrem frauenverachtende Foren) – aber erklär ihm auch warum. Junge Männer haben ein Gerechtigkeitsempfinden; sie müssen verstehen, wen ihr Verhalten verletzt. Zeichne ihm ein Bild: „Stell dir vor, jemand redet so über deine beste Freundin – wie würdest du das finden?“
Bleib konsequent: Wenn er gegen eure Grundregeln verstößt (z.B. mit Gewalt droht oder üble Beschimpfungen nutzt), müssen Folgen spürbar sein. Allerdings keine sinnlose Strafaktion („Handy weg für 4 Wochen“ kann nach hinten losgehen und den Graben vertiefen). Besser sind kurze, klare Konsequenzen und danach wieder ein Gespräch, wenn die Gemüter abgekühlt sind. So lernt er: Freiheit endet dort, wo die Würde anderer beginnt.
3. Biete positive Alternativen – echte Vorbilder statt Internet-Gurus
Meckern wir Eltern nur an den Idolen unserer Jungs herum, treiben wir sie oft noch tiefer in deren Arme. Darum mein Tipp: Biete deinem Sohn attraktive Gegenentwürfe an. Wenn er Andrew Tate toll findet, erzähl ihm von Männern, die wirklich stark sind – und zwar ohne andere kleinzumachen. Das können Promis sein (vielleicht ein cooler Sportler, der sich für Fairplay einsetzt, oder ein Musiker, der trotz Toughness Respekt vor Frauen zeigt). Oder Männer aus eurem Umfeld: der Onkel, der sich liebevoll um seine Kinder kümmert und erfolgreich im Job ist. Der ältere Cousin, der im Rollstuhl sitzt und trotzdem vor Lebensfreude sprüht – das ist auch Männlichkeit.
Wichtig ist, dass dein Sohn sieht: Es gibt nicht nur die Schwarz-Weiß-Schablone „Softie vs. Macho“. Zeig ihm echte Männer, die Stärke und Herz verbinden. Sprich auch mal darüber, welche Fehler seine Idol-Figuren haben. Zum Beispiel die Frage: Wenn Tate so ein Überflieger ist, warum sitzt er dann (Stand Ende 2023) im Gefängnis und wird wegen Menschenhandels angeklagt? Darf ein „richtiger Mann“ weinen? (Kleiner Spoiler: Ja. Und wusstest du, dass man weinenden Männern laut Studien sogar mehr glaubt als unemotionalen? 😉) Solche Gespräche erweitern seinen Horizont – ohne dass du direkt seine Helden beleidigst.
4. Väter aufgepasst: Mehr Papa, weniger Tate!
Viele Mütter fühlen sich in diesem Influencer-Strudel hilflos – gerade deshalb sind Väter jetzt extrem wichtig. Wenn du einen Partner an deiner Seite hast (oder der leibliche Vater greifbar ist), bezieh ihn aktiv ein.
Studien und Experten sagen klipp und klar: Enger Kontakt mit dem Vater ist für Söhne unglaublich prägend. Selbst taffe erwachsene Kerle geben in den Männers-Camps so gut wie immer zu, dass sie sich als Jungs mehr liebevolle Zuwendung vom Vater gewünscht hätten. Vaterfigur bedeutet nicht nur Autorität, sondern auch Geborgenheit.
Leider sind viele Väter selbst unsicher, was ihre Rolle angeht – oder sie überlassen Erziehungsthemen lieber den Müttern. Doch in der Pubertät braucht dein Sohn seinen alten Herren als Mentor und Sparringspartner.
Mein Appell an alle Väter (inklusive uns Stiefväter, Onkel, große Brüder): Seid präsent! Macht bewusst Zeit mit eurem Sohn aus, Männerzeit. Das kann eine Sportaktivität sein, Werkeln, ein Wochenende in den Bergen – irgendwas, wo ihr ohne Druck ins Reden kommt. Regelmäßige gemeinsame Aktionen schaffen Nähe. Und habt keine Scheu vor heiklen Themen! Ob Sexualität, Pornos oder Gefühle – zeigt eurem Jungen, dass ihr auch mal unsicher wart in dem Alter. Nichts gibt mehr Halt, als zu hören: „Hey, mir ging’s als Teenager ähnlich wie dir.“ Wenn ein Vater emotional zugänglich ist, bietet er dem Sohn ein Gegengewicht zu den kalten Macho-Idealen da draußen. Erlebt der Junge: Mein Vater kann lachen, weinen, respektvoll mit Mama umgehen, dann liefert das einen inneren Kompass, der kein TikTok-Star der Welt so leicht aushebeln kann.
Selbst die hartgesottensten Kerle hätten sich oft gewünscht, dass ihr Vater ihnen mal über den Kopf streichelt – dieser Satz aus meinem Buch „Boys-Up! Das Eltern Buch“ bringt es auf den Punkt, auch weil er sich 100fach in den Vater&Sohn Camps bestätigt:
Vaterliebe und ehrliches Interesse wirken wie ein Schutzschild gegen toxische Einflüsse. Nutzt diese Kraft!
Nochmal: Falls kein präsenter Vater da ist, sucht andere männliche Vorbilder im Alltag deines Sohnes. Vielleicht ein Trainer im Sportverein, ein engagierter Lehrer, der coole große Bruder der besten Freundin – Hauptsache, ein Mann mit positiven Werten, zu dem dein Sohn aufsieht. Auch ich stehe Jungs und jungen Männern als Mentor zur Verfügung. Die jungen Männer aus den „Circle“, ehemalige Coachees – mit einer ganzen Reihe Jungs und junger Männer treffe ich mich regelmäßig online und wir reden über Themen, die ihn gerade beschäftigen. Es braucht ein ganzes Dorf, um ein Kind großzuziehen, heißt es so schön. Scheu dich nicht, Verbündete zu suchen.
5. Mentale Gesundheit stärken – Jungen dürfen schwach sein
Hinter der Fassade des starken Mannes steckt oft ein verletzter Junge. Die Statistik ist erschreckend: 72 % der Männer würden bei Problemen keine Hilfe holen, weil sie glauben, ein „echter Mann“ kenne keine Angst oder Trauer. Diese Einstellung beginnt oft schon im Jugendalter – und sie ist brandgefährlich. Jungs, die lernen, ihre Gefühle zu unterdrücken, neigen später eher zu Wutausbrüchen, Sucht oder Depression. Deshalb: Sprich mit deinem Sohn über Gefühle und mentale Gesundheit, auch wenn er erst mal abwinkt. Mach ihm klar, dass jeder Mensch mal traurig, ängstlich oder überfordert ist – und dass gerade wahre Stärke bedeutet, sich das einzugestehen und Hilfe anzunehmen.
Praktisch kannst du Folgendes tun, um die mentale Gesundheit deines Jungen zu stärken (ein Punkt, den viele Eltern suchen!): Achte auf genug Ausgleich – Bewegung, Schlaf, echte Freunde außerhalb der Online-Welt. Ermutige ihn, Frust abzubauen: ob durch Sport, Musik, Zocken (in Maßen) oder einfach mal laut fluchen im Wald. Zeig ihm auch deine eigenen Bewältigungsstrategien, z.B.: „Ich geh ’ne Runde joggen, wenn mir alles zu viel wird.“ Und ganz wichtig: Signalisiere, dass du immer für ihn da bist, egal was passiert. Dieses Sicherheitsnetz gibt ihm die Freiheit, er selbst zu sein, ohne in eine Macho-Rolle flüchten zu müssen.
Manchmal helfen auch externe Angebote: Ein guter Jungencoach, ein Männerkreis für Jugendliche, eine Vater-Sohn-Reise (wo beide Seiten mal aus dem Alltag rauskommen) – all das kann Wunder wirken, wenn zuhause gar nichts mehr geht.
Ich erlebe oft in meinen Männers-Camps, wie Jungs, die anfangs nur coole Sprüche klopfen, plötzlich über ihre echten Ängste reden, wenn sie sich sicher fühlen. Solche Momente sind Gold wert. Sie zeigen deinem Sohn: Er muss den Weg zum Mann nicht alleine stemmen, und schon gar nicht nach der kruden Anleitung dubioser Internetgurus.
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Fazit: Liebe statt Likes – so findet dein Junge seinen Weg
Am Ende des Tages willst du, dass dein Sohn ein guter Mann wird – und zwar einer, der glücklich ist. Diese Reise geht nicht über Nacht. Sie ist holprig, mit Ausrutschern und Provokationen gespickt. Aber wenn du jetzt verstehst, warum er sich zu diesen Influencern hingezogen fühlt, kannst du ihm geben, was er in Wahrheit sucht: Orientierung, Verständnis und bedingungslose Liebe. Kein Internet-Star der Welt kann mit deiner elterlichen Liebe mithalten, glaub mir.
In meinem Eltern – Buch habe ich ein Zitat, dass meine Arbeit prägt:
„Wenn du die Jungs verstehen willst, musst du lernen, hinter ihr Verhalten zu schauen. Nicht was sie tun, ist entscheidend – sondern warum.“
Genau das hast du gerade getan. Du hast einen Blick hinter die Fassade deines „rebellischen“ Sohnes geworfen. Und was kommt da zum Vorschein? Ein junger Mensch, der seinen Platz in der Welt sucht, der Fehler machen darf und der trotz allem deine Führung braucht – auch wenn er sie lautstark ablehnt.
Bleib dran, bleib gelassen und humorvoll, auch wenn er mal austickt. Nimm es nicht persönlich, wenn er dich anknurrt. Er testet nur, ob dein Liebe-Fass wirklich bodenlos ist. (😉) Zeig ihm, dass du an ihn glaubst – gerade dann, wenn er sich selbst nicht so toll findet. Gib ihm Halt, aber auch Freiheit, seine eigenen Erfahrungen zu machen. So wächst in ihm Schritt für Schritt ein innerer Kompass, der ihn navigiert, egal welche toxischen Sirenen im Internet heulen.
Am Ende wird dein Sohn viel eher dir nacheifern als Andrew Tate, wenn du ihm vorlebst oder beweist, was einen „richtigen Mann“ wirklich ausmacht: Respekt, Herz und Stärke, die sich nicht in Muskeln misst. Und eines Tages – glaub mir – wird er dir vielleicht sogar danken, dass du ihn durch diesen Sturm begleitet hast, ohne ihn zu verurteilen.
(P.S.: Du bist mit diesem Thema nicht allein. In meinem Podcast „Unsere Jungs“ teilen wir jede Woche solche Geschichten. Hör gern mal rein – oft hilft es schon zu wissen, dass andere Eltern und Söhne dieselben Kämpfe durchfechten.)
Pubertierende Jungs suchen auf TikTok & Co. nach starken Vorbildern, weil ihr Gehirn ab 13 auf „Außenwelt“ programmiert wird und sie Orientierung brauchen. Toxische Influencer wie Andrew Tate wirken attraktiv, da sie einfache Antworten und Machtgefühle bieten – aber sie vermitteln Frauenhass und ein schädliches Männlichkeitsbild. Eltern können gegensteuern, indem sie ruhig das Gespräch suchen, klare Grenzen gegen Hate ziehen, positive echte Vorbilder bieten und besonders Väter oder männliche Mentoren aktiver in die Erziehung einbinden. Wichtig ist, die mentale Gesundheit der Jungen zu stärken und ihnen zu zeigen: Du bist okay, so wie du bist. Hinter der Provokation steckt oft der Wunsch nach Liebe und Anerkennung. Gib deinem Sohn davon reichlich – dann verliert der lauteste Internet-Macho seinen Einfluss.
