Kleiner Mann – Großer Spruch

Aus dem Leben eines Strohwitwers

geschrieben 21. Juni 2015

„Die gefährlichsten Gegner sind die, die keine Hoffnung mehr haben“

Diesen Satz sagte Max ganz beiläufig zu mir. “Wie bitte wie meinst du das?” war meine Antwort und dabei muss ich ihn wohl mit ganz großen Augen angesehen haben.

Er schaute mich nämlich auch mit großen Augen und einem leichten Grinsen an: “Das ist so Daddy, die gefährlichsten Gegner…….” “Das habe ich verstanden Max, aber wo hast du das denn her?” “Das habe ich gehört.” “OK, gut.” Für einen 5jährigen Knirps ein großer Spruch, denke ich. Nun, danach ging alles wieder in Routine über, Abendessen und Bettgehritual. Dann, pünktlich und ohne weiteres Theater oder so schliefen die Beiden dann schön um halb acht. Es war wundervoll ruhig im Haus. Nur nicht in meinem Hirn, da rumorte es ganz schön.

Alles gut, Du darfst machen, was Du willst

 „Die gefährlichsten Gegner sind die, die keine Hoffnung mehr haben“.  Hmm, wieso hat er denn das zu mir gesagt? Er wird wohl nicht mich meinen, mit seiner Weisheit. Keine Hoffnung. Hatte er mich durchschaut? Wusste er was, was ich (noch) nicht wusste. Kam da was auf mich zu, von dem ich im Moment nicht mahl  eine Ahnung hatte?

Oder meinte er sich selbst? Meinte er sich selbst, als Gegner, der keine Hoffnung mehr hatte? Wollte er mir etwa drohen? Sollte ich ihn vielleicht doch vom Tisch aufstehen lassen, wenn alle anderen noch essen? Oder ihm jeden Tag seine geliebten Nudeln kochen, nie wieder Reis oder Kartoffeln. Nur Nudeln mit Loch?

Und ihn so lange in der Dusche lassen, wie er will? Ob ich ihn dann als ganzes Kind rausbekomme oder die durchgeweichten Einzelteile trockenföhnen muss, weiß ich nicht. Ich habe es noch nicht probiert.

Ich dachte daran, wie er im Auto vorne sitzt und alle Knöpfe drücken darf, während ich versuche das Auto auf der Strasse zu halten.  Und schnell  würde ich auch fahren müssen: „schneller, schneller Daddy. So schnell wie das Auto geht und ich schnalle mich auch nicht an.” “OK Max. Passt, musst Du nicht. Und du kannst auch Essen und trinken so viel du willst im Auto. Auch die klebrige Schokolade, die im Sommer in die Ritzen läuft und die ich nie wieder aus dem Auto bekomme.”

Er wird sich nie wieder selber anziehen müssen, darf in Zukunft alle seine Schuhe und Stiefel, auch wenn sie von Schlamm und Dreck aussehen wie ein Maulwurfhügel nach der Schneeschmelze, einfach mitten im Gang liegen lassen. Alles nur um einen Gegner ohne Hoffnung zu vermeiden.

Muss ich ab jetzt vielleicht sein Kinderzimmer alleine aufräumen, während die Kinder fernsehen, natürlich so lange sie wollen. Genau, auch die Filme, die dann so ab 20:15 kommen, wo dann Blut spritzt und gemordet wird. Au weh, da sieht er ja dann, wie das genau geht. Da würde er lernen und sehen, wie ein Gegner ohne Hoffnung tatsächlich ist.

Er wird es eh vergessen haben

Der Teufelskreis fing sich an immer schneller zu drehen, bis mir fast schwindelig wurde.

Na ja, so schlimm war es dann doch nicht. Ich beschloss bis morgen in der Früh zu warten und beim Frühstück den Max noch mal nach seinem „Heldensatz“ zu fragen. Wahrscheinlich hatte er ihn eh vergessen. Als ich ihn in der Früh danach fragte merkte ich, dass ich weit daneben lag. Er wiederholte ihn langsam Wort für Wort: “die gefährlichsten Gegner sind die, die keine Hoffnung mehr haben.” Hatte er mich bei “Gegner” kurz angezwinkert? Nein ich muss mich täuschen!

1 comment
Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

You May Also Like